Wie ein Schiedsrichter auf Urlaub zum Retter des Floorballs wurde

Bereits vor Anpfiff der Rückrunde und der zu erwartenden Siegerehrung schallt ein lauter Ruf durch die Floorballhalle: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ Die Floorball-Athleten sammeln sich im Kreis, halten sich gemeinsam an den Schultern oder Händen, stecken die Köpfe zur Traube zusammen. Der mannschaftseigene Schlachtgesang ist laut und voller Überzeugung, löst die Anspannung, beschwört den Teamgeist.

Ja, den Wettbewerben des neuen Trendsports Floorball beizuwohnen, ist schon etwas ganz Besonderes.  Der Eid der Athleten – „Ich will gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben!“ – ist allgegenwärtig. Dieser „Spirit“ ist es auch, der den nationalen Koordinator dieser Sportart bei Special Olympics Deutschland, Hans-Joachim („Jo“) Meyer, immer wieder motiviert: „Genau aus diesem Grund bin ich dabei. Das lässt mich nicht mehr los. Das Strahlen und das Lächeln im Gesicht der Teilnehmer – das ist einfach immer wieder schön!“

Selbst aus dem Rasenhockey kommend und beim „Inklusiven Sportverein Norderstedt“ seit vielen Jahren aktiv, hat Meyer gerne die ehrenvolle, manchmal auch sehr zeitintensive Aufgabe des Koordinators übernommen: „Bei Special Olympics sind wir eine richtige Familie, die über ganz Deutschland verteilt miteinander verbunden ist“. Manchmal muss ein Koordinator natürlich auch improvisieren – da hilft es sehr, wenn man bestens vernetzt ist. Während der Winterspiele in Berchtesgaden geriet Jo Meyer plötzlich in ungeahnte Not, weil ein Schiedsrichter ausfiel. Doch hatte es sich glücklich so gefügt, dass sein Vereinskollege und Floorball-Schiedsrichter Lars Köhler gerade zum Urlaub im Berchtesgadener Land weilte. Ein Anruf genügte, Köhler erklärte sich spontan zur Mitarbeit bereit, und so wurde zu einem der „Retter des Floorballs“ bei den Spielen 2020.

Die Trendsportart hat eine bemerkenswerte Entwicklung zurückgelegt bei den Special Olympics: „Angefangen haben wir mit gerade einmal zwei Mannschaften“, erinnert sich Jo Meyer. „Mittlerweile ist unser Kreis auf sechzehn Teams angewachsen. So kann man schon ein ordentliches Turnier gestalten. Allein aus Norddeutschland sind vier Delegationen nach Berchtesgaden gekommen, die den weiten Weg nicht gescheut haben“. Hinzu kommen die noch weiter angereiste Mannschaft aus Finnland sowie die Athleten aus der Schweiz, die selbstverständlich eine durchgehend polternde Kuhglocke im Gepäck haben.

Besonders freuen sich die Athleten, dass so viele Zuschauer zu ihren Wettbewerben gekommen sind. Die Stimmung ist toll, und die Halle bebt. Die Ergebnisse der Klassifizierungen fließen ein in die finale Gruppenzusammenstellung, die Einteilung garantiert Spannung bis zum Schluss. Jo Meyer ist ganz in seinem Element, er freut sich vor allem über die vielen jungen Spieler auf dem Platz. „Viele Schulklassen haben Floorball schon mit auf in dem Lehrplan des Sportunterrichts“, schwärmt er. „Die Leidenschaft ist auf alle Fälle entbrannt. Darauf müssen wir jetzt aufbauen!“. Doch nun verabschiedet er sich flugs, um dem Siegestaumel der Mannschaften beizuwohnen und den Sog des Glücks ebenso zu genießen wie Spieler, Trainer und Zuschauer. Und wieder zeigt sich: Gewinner sind bei den Special Olympics alle!

Text und Foto: SOD – Andrea Engelmann